Über Rosa Luxemburg bestehen viele Unklarheiten. Die verschiedensten Prägungen der Sozialdemokratie, und andere Freunde des Opportunismus und Klassenkompromisses, eignen sich immer wieder ihr Gedenken an. Typischerweise geschieht dies unter Eindampfung ihres Lebenswerks auf eine handvoll Zitate, die man völlig außerhalb des Kontextes der Schriften aus denen sie stammen, in den eigenen Kanon bürgerlicher Reformpolitik eingliedert. Weil wir uns mit der wissenschaftlich sozialistischen Methode, Analyse und daraus resultierenden Praxis Luxemburgs verbunden fühlen, und auch aus einfachem Respekt vor einer Frau, die unter Billigung von Sozialdemokraten ermordet wurde, wollen wir einige Aspekte des instrumentalisierten Gedenkens an sie betrachten.
Der Satz, an dem alles zusammenläuft, ist „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“. Eigentlich nur uneingeordnete Randnotiz wird dieser Satz nicht nur zur zentralen Aussage der Schrift „zur russischen Revolution“ hochstilisiert, sondern auch noch am besten zum zentralen politischen Programmpunkt ihres politischen Handelns. Und zwar in der Interpretation, dass bürgerliche Demokratie ja in ihrem Sinne, oder zumindest mit ihrer Betrachtung der Gesellschaft vereinbar wäre, und die Erfolge der Bolschewiki in der Oktoberrevolution nun eben nicht. Dass Luxemburgs Kritik an den Bolschewiki in solidarischer Absicht, in Anerkennung und Ehrung der großen Erfolge der Bolschewiki, und um Lehren aus der Oktoberrevolution für künftige Revolutionen zu ziehen erfolgt ist, beweist schon eine oberflächliche Lektüre des Texts. „Die Lenin-Partei war die einzige, die das Gebot und die Pflicht einer wirklich revolutionären Partei begriff, die durch die Losung: alle Macht in die Hände des Proletariats und des Bauerntums, den Fortgang der Revolution gesichert hat.“ oder „Was eine Partei in geschichtlicher Stunde an Mut, Tatkraft, revolutionärem Weitblick und Konsequenz aufzubringen vermag, das haben Lenin, Trotzki und Genossen vollauf geleistet. Die ganze revolutionäre Ehre und Aktionsfähigkeit, die der Sozialdemokratie im Westen gebrach, war in den Bolschewiki vertreten. Ihr Oktober-Aufstand war nicht nur eine tatsächliche Rettung für die russische Revolution, sondern auch eine Ehrenrettung des internationalen Sozialismus.“ sind nur Beispielzitate der Haltung Rosas gegenüber den Bolschewiki. Aber worum ging es ihr dann? Rosa hat drei zentrale Kritikpunkte an den Bolschewiki aufgestellt, in denen sie einem heutigen sozialdemokratischen, oder auf reformismus der bürgerlichen Ordnung und Klassenkompromiss ausgelegten Politikverständnis nicht ferner stehen könnte: In der Bauernfrage, der nationalen Frage, und der Frage nach sozialistischer Demokratie.
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